Kultur & Geschichtskontor Bergedorf

Das Kultur- & Geschichtskontor ist die Geschichtswerkstatt für Bergedorf, Lohbrügge und die Vier- und Marschlande. Lernen Sie unsere Angebote kennen.

Audiotour Serrahn 6 / 7

Kornmühle und ­Lohmühle

Schein oder Sein?

Nachdem zu Beginn des 13. Jahrhunderts der Mühlendamm aufgeschüttet worden war, konnte die Kornwassermühle, damals eine große und kostspielige maschinelle Anlage, errichtet werden. Die Bauern der Umgebung mussten ihr Korn hier zu Mehl verarbeiten lassen, denn sie waren der neuen Zwangsmühle mahlpflichtig. Auf diese Weise sicherten sich geistliche und weltliche Grundherren überall im Reich eine zusätzliche Einkommensmöglichkeit. Auch in Bergedorf wurden so zunächst die Kassen der Kirche und in späteren Jahren des Landesherrn gefüllt.

Es ist davon auszugehen, dass es auch in Bergedorf zu Auseinandersetzungen zwischen den Bauern, die ihr Getreide in ihren bäuerlichen Handmühlen mahlten, und der Obrigkeit kam. Diese Auseinandersetzungen endeten mit dem Verbot oder gar der Zerschlagung der kleinen Maschinen auf den Höfen.

Die mehrfach umgebaute und erweiterte Kornwassermühle war Bergedorfs erster größerer Handwerksbetrieb. Bis zu seiner endgültigen Stilllegung 1939 hat dieser Betrieb alle Stadien der technischen Entwicklung des Müllerhandwerks von den manuell bestimmten Abläufen der Verarbeitung über die weitergehende Mechanisierung bis hin zur Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlebt. Am 16. Februar 1942 wurde die historisch so bedeutsame Kornwassermühle unter Denkmalschutz gestellt, nur drei Jahrzehnte später wurde das stadteigene historische Gebäude, im Zusammenhang mit der Errichtung des Einkaufszentrums City Center Bergedorf (CCB) 1973 abgebrochen. Noch im selben Jahr wurde ein Nachbau errichtet, mit Holzbrettern und Verblendziegeln verschalt, um Fachwerk vorzutäuschen, wo Stahl und Beton den Baustoff bilden.

Auch der Zeyn-Speicher steht hier nicht mehr im Original. Das traufständige Fachwerkhaus am Kupferhof, heute Kupferhof Nr. 1, war um 1760 errichtet worden. Im Jahr 1841 erwarb es der Sohn des Gemischtwarenhändlers Johann Peter Zeyn. Die bereits seit dem 1. März 1793 bestehende Gemischtwarenhandlung nahm nun hier am Kupferhof ihren Betrieb auf. Im Bergedorfer Adressbuch von 1845 lautet der Eintrag: Zein, P. Gewürzkrämer, Kupferhof no. 180. Damals wurde der Name mit „ei“ statt „ey“ geschrieben. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte änderte sich den Adressbüchern zufolge die Hausnummer verschiedentlich: 1846 trug das Haus die Nr. 281, 1850 gar die Nr. 369, 1869 die Nr. 284 und ab 1870 war es dann für lange Zeit Kupferhof Nr. 2.

Die Firma Zeyn – übrigens stolze Besitzerin des ersten Telefonanschlusses in Bergedorf – hat sich später auf Farb- und Tapetenhandel spezialisiert. 1973 bekam das alte Fachwerkhaus einen flachen, eingeschossigen Anbau moderner Machart, drei Jahre später erfolgte die Aufstockung. Die auf diese Weise erweiterte Verkaufsfläche machte es möglich, dass 1977 eine Bäckerei im alten Zeyn-Speicher ihre Verkaufsräume eröffnen konnte. Heute befindet sich hier ein Café. Nach dem Abriss des ursprünglichen Hauses Kupferhof 1, der Gewerbebank, vielen als Altes Backhaus oder Kirchensaal bekannt, für den Bau der Vierlandenstraße und der neuen Sparkasse 1928/29, erhielt der Zeyn-Speicher die Hausnummer 1.

Im Laufe der Jahre war das Obergeschoss des alten Fachwerkhauses um 20 cm abgesunken. 1982 entschloss sich der damalige Eigentümer daher für einen Fachwerkneubau nach den Vorlagen des alten Speichers. Das historische Kiefernholz-Fachwerk, immerhin mehr als 200 Jahre alt, wurde an die Zimmerei Kloodt aus Börnsen verschenkt. 22 Jahre lang hob die Zimmerei diese Balken auf, dann wurden sie an einen Reitbrooker Unternehmer verkauft. Dieser nutzte die Balken nicht beliebig, ihm lag eine bleibende Erinnerung an den historischen Bergedorfer Speicher am Herzen. So wuchs ein weiterer Nachbau am Reitbrooker Vorderdeich der Vollendung entgegen, zwar um ein Stockwerk niedriger, als das Original, aber in weiten Teilen mit dem inzwischen mehr als 260 Jahre alten Balkenwerk. Der Nachbau wird als Wohnhaus genutzt.